GesellschaftWas war?

Was war? – Brandanschlag auf die Lübecker Synagoge am 25. März 1994

Am 25. März 1994 verübten vier Rechtsradikale einen Brandanschlag auf die Lübecker Synagoge. Der antisemitische Angriff war der erste dieser Art nach 1945 in Deutschland.

Die Lübecker Synagoge

Mitten in der historischen Altstadt, neben einer Kirche und zwischen schmalen Straßen befindet sich die Synagoge Lübecks. Diese Lage ist es auch, die dafür gesorgt hat, dass sie die Pogromnacht 1938 überstanden hat. In der Nacht vom 8. zum 9. November wurden in Deutschland hunderte jüdische Menschen ermordet und über 1400 Synagogen und Versammlungsräume zerstört. Durch die dichte Bebauung der Lübecker Altstadt brannte zwar der Innenraum der Synagoge aus, das Gebäude selbst blieb aber erhalten. Hinzu kam, dass der Verkauf der Synagoge an die Stadt Lübeck bereits vorgesehen war und sie von den Nationalsozialisten zur Turnhalle umfunktioniert wurde. Am 1. Juni 1945, kurz nach dem Ende der Nazizeit, feierten die verbliebenen 250 Jüdinnen und Juden in Lübeck den ersten Gottesdienst in der Synagoge. Die Wiedereröffnung fand im September desselben Jahres statt.

24. / 25. März 1994

In der Nacht vom 24. auf den 25. März 1994 brannte der Vorraum der Synagoge. Die Täter, Stephan W., Boris H.-M., Nico T. und Dirk B., waren zwischen 20 und 25 Jahre alt und handelten aus purem Antisemitismus und Rassismus. Wie tief ihre Verstrickungen in rechtsradikale Netzwerke reichten, konnte nicht ermittelt werden. Sie gaben an, nicht zu wissen, was eine Synagoge ist. Ebenso erklärten sie, nichts davon gewusst zu haben, dass sich über der Synagoge Wohnungen befinden, in denen zum Tatzeitpunkt Menschen lebten. Die Bewohner*innen bemerkten den Qualm schnell und alarmierten die Feuerwehr. So blieben alle fünf Menschen, die sich zum gerade im Gebäude aufhielten, unversehrt und es wurden nicht noch größere Teile der Synagoge zerstört.

Lübeck als Pogrom-Auftakt

Auf die Tat folgte in Lübeck, Schleswig-Holstein und ganz Deutschland ein Aufschrei. Der Anschlag mit Molotowcocktails war der erste dieser Art in Deutschland nach 1945. Doch obwohl bereits am nächsten Tag eine Solidaritätsdemonstration mit 4000 Menschen durch Lübeck zog, Politiker*innen sich äußerten, Gewerkschaften, Parteien und Initiativen aktiv wurden, blieb das kein Einzelfall. Der Brandanschlag fügte sich in eine Reihe rassistischer und antisemitischer Taten in den 90er Jahren ein: Hoyerswerda, Rostock-Lichtenhagen, Mölln und Solingen stehen bis heute für die neonazistischen Gewalttaten dieser Zeit – und auch dafür, wie neonazistische Gewalttäter in Deutschland geschützt werden.

Der zweite Brandanschlag in Lübeck

Bereits ein Jahr später brannte die Lübecker Synagoge erneut. Die Tat wurde nicht aufgeklärt. Währenddessen häuften sich in Lübeck antisemitische und rassistische Gewalttaten. Eine Briefbombe verletzte einen Mitarbeiter des Rathauses, rund um Kirchgemeinden tauchten rechte Schmierereien und Hakenkreuze auf. 1996 kamen zehn Menschen beim Brand in einer Unterkunft für Geflüchtete in der Lübecker Hafenstraße ums Leben. Bis heute ist unklar, wer das Feuer gelegt hat. Auch nach dem Bekanntwerden des NSU und einem Aufruf von 200 Lübecker Bürger*innen, die Ermittlungen wieder aufzunehmen, ist die Tat mehr als 20 Jahre später nicht aufgeklärt.

25 Jahre nach dem Brandanschlag auf die Synagoge

Heute, 25 Jahre nach dem Anschlag auf die Lübecker Synagoge, erinnern die jüdische Gemeinde, die Stadt und das Land Schleswig-Holstein an die Tat. Im Rahmen des Holocaustgedenktags am 27. Januar wurde im Landtag auch an der 25. März 1994 angesprochen und gemahnt, dass auch heute Rassismus und Antisemitismus klaren Widerspruch erfordern.

Originalbild: MrsMeyerDE