„Zeigen, dass wir füreinander da sind“
Disclaimer: Dieser Artikel thematisiert sexuelle Gewalt. Wenn du damit nicht konfrontiert werden möchtest, empfehlen wir dir, ihn nicht zu lesen oder dir dabei Unterstützung von lieben Menschen zu suchen. Wenn du Hilfe rund um sexuelle Gewalt suchst, findest du am Ende des Artikel einige Anlaufstellen in und um Leipzig.
Am 5. Dezember 2020 fand im Leipziger Lene-Voigt-Park eine Solidaritätskundgebung für Betroffene sexueller Gewalt statt. Anlass war die versuchte Vergewaltigung einer Frau in der Nacht vom 3. zum 4. Dezember. Angesichts eines tabuisierten Themas ist es der Wunsch der Veranstalter*innen auch im Alltag solidarisch zu sein.
Samstagabend im Lene-Voigt-Park im Leipziger Osten. Trotz der Kälte sind zahlreiche Menschen draußen unterwegs. Manche spazieren und plaudern und bleiben dann spontan an der kleinen Bühne im Park stehen. Andere sind gezielt dem Aufruf gefolgt, an diesem Abend Solidarität mit der Betroffenen eines sexuellen Übergriffs, der zwei Nächte zuvor im Park stattgefunden hat, zu zeigen.
Anfangs etwa 50, später gut doppelt so viele Personen stehen im Halbkreis um ein blaues Transparent mit der Aufschrift „Solidarität mit den Betroffenen sexueller Gewalt“. Neben dem Transparent steht Henni, die etwas nervös, aber entschlossen in ein Megaphon spricht: „Fast jede FLINT*-Person ist in ihrem Leben von sexueller Gewalt, in welcher Form auch immer, schon betroffen gewesen. Es hätte jede FLINT*-Person von uns sein können.“
Wer sind FLINT*-Personen?
Die Abkürzung FLINT* steht für Frauen, Lesben, inter, non-binary und trans* Personen. Damit wird deutlich gemacht, dass nicht nur cis Frauen gemeint sind, sondern alle Geschlechter und Identitäten, die in sexistischen Strukturen Diskriminierung, Unterdrückung und Gewalt erfahren.
Ein spontanes Zeichen der Solidarität
Erst am Samstagmorgen hat Henni in der Leipziger Volkszeitung von der versuchten Vergewaltigung einer Frau im Lene-Voigt-Park gelesen. „Mich hat es schockiert, dass es wieder mal ein sexueller Übergriff gegen eine FLINT*-Person ist, die einen Tag in den Medien erscheint und danach sofort wieder in Vergessenheit gerät, obwohl so viele davon betroffen sind“, erklärt sie. Deshalb sei es ihr wichtig gewesen, Solidarität zu zeigen und ein Zeichen zu setzen, dass weder die Betroffenen, noch die Taten in Vergessenheit geraten: „Zeigen, dass wir mehr und füreinander da sind.“ Kurzentschlossen organisierte sie gemeinsam mit Freund*innen eine Versammlung in der Nähe des Tatorts.
Das Thema ist wichtig – und bleibt es auch
Dass innerhalb weniger Stunden so viele Menschen zur Kundgebung mobilisert werden konnten, freut Henni. Ihr und ihren Mitstreiter*innen ist aber auch klar, dass es mit Kundgebungen allein nicht getan ist. Sie haben Infomaterial des Vereins „Frauen für Frauen“ und der Opferberatung Sachsen mit dabei und hoffen, Menschen zu ermutigen, das Thema im privaten Bereich anzusprechen, zu enttabuisieren und Betroffene zu unterstützen. Darüber hinaus solle der Blick auch auf die Strukturen gerichtet werden, innerhalb derer sexuelle Gewalt verübt wird. Dass das auch in linken Kontexten, die sich als feministisch begreifen, geschehen kann, stellen drei Personen in einem aktuellen Artikel des Kreuzer dar. Die Kampagne „NIKA Sachsen“ veröffentlichte erst vor kurzem ein Interview mit einer Betroffenen innerhalb der linksradikalen Szene Leipzigs. „Das Spektrum von sexueller Gewalt und Übergriffen ist riesengroß. Ich glaube, dass es ein Problem der Gesellschaft ist, nicht von Menschen mit einer bestimmten politischen Gesinnung oder aus einer sozioökonomischen Schicht oder irgendeiner Herkunft“, erklärt Henni. „Jeder Mensch, mit dem man selber in Kontakt steht, kann ein Täter sein. Dafür ein Auge zu haben und sich zu sensibilisieren, das finde ich wichtig.“
In Leipzig und Umgebung können dich diese Stellen bei Problemen und Fragen rund um sexuelle Gewalt unterstützen:
Bundesweites Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen
www.hilfetelefon.de/
Telefon: 08 000 11 60 16
Hilfsangebote in Leipzig
Frauen für Frauen e.V. Leipzig
Frauennotruf Leipzig – Fach- und Beratungsstelle bei sexualisierter Gewalt
http://frauennotruf-leipzig.de/frauennotruf.html
Notfall-Telefon (0 bis 24 Uhr): 0341 / 30 61 0800
Koordinierungs- und Interventionsstelle bei
häuslicher Gewalt und Stalking (KIS)
http://kis-leipzig.de/kontakt.html
Telefon: 0341 / 3068778
Opferhilfe Sachsen
https://www.opferhilfe-sachsen.de/
Opferhilfe Sachsen e.V., Kochstraße 1, 04275 Leipzig
Telefon: 0341 / 22 54 318
E-Mail: leipzig@opferhilfe-sachsen.de
Antisexistischer Support
https://antisexistischersupport.blackblogs.org/du-suchst-unterstuetzung/
E-Mail: support-asl@riseup.net
Hilfsangebote im Leipziger Umland
Bellis e.V. – Hilfe und Beratung bei sexualisierter Gewalt im Landkreis Leipziger Land und Nordsachsen
https://bellis-leipzig.de/beratung/
Bellis e.V., Bornaische Straße 18, 04277 Leipzig
Telefon: 0341 / 39 28 55 60
E-Mail: kontakt@bellis-leipzig.de
Wegweiser Böhlen e.V. – Koordinierungs- und Interventionsstelle gegen häusliche Gewalt im Landkreis Leipziger Land und Nordsachsen
http://wegweiser-boehlen.de/beratungsstelle-gegen-haeusliche-gewalt-und-stalking/
Wegweiser Böhlen e.V., Lange Str. 50, 04668 Grimma
Telefon: 03437 / 70 84 78 oder 0177 / 303 92 19
E-Mail: interventionsstelle@wegweiser-boehlen.de
und unter www.gewaltfreies-zuhause.de