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Kommunalwahlen in Sachsen – so geht’s

Als wir uns im Podcast mit den Kommunalwahlen in Sachsen beschäftigt haben, fiel eines auf: Die Infos darüber sind kein Hexenwerk und an sich gut zu verstehen. Aber sie sind nirgendwo übersichtlich und einfach erklärt zu finden. Dies soll ein Versuch sein, das zu beheben. Seht ihn gerne als “Work in Progress” an, denn so ganz hundertprozentig sicher sind wir uns auch nicht überall. Aber vielleicht lässt sich da ja gemeinsam dran arbeiten. Wenn euch Fehler auffallen oder Fragen offen bleiben, gebt uns gerne Bescheid.

Die Kommunalwahlen zu thematisieren ist uns wichtig, da auf kommunaler Ebene grundsätzliche Dinge für das kulturelle, soziale, politische und wirtschaftliche Leben beschlossen werden. Mehr zur Bedeutung der Kommunalwahlen gibt’s in Folge 12 zu hören.

Grundsätzliches zu den Kommunalwahlen in Sachsen

Bei den Kommunalwahlen werden die Kreistage, Ortschafts-, Stadt- und Gemeinderäte gewählt. Was davon jeweils auf eine Kommune oder eine Stadt zutrifft, hängt von ihrer Größe ab. Kommunalwahlen finden in sächsischen Städten und Gemeinden alle fünf Jahre statt. Am 26. Mai 2019 ist es wieder soweit.

Unser Beispiel: Der Leipziger Stadtrat

Da wir in Leipzig leben, haben wir uns dafür entschieden, uns mit unseren Erklärungen auf die Stadt Leipzig zu fokussieren. Im Leipziger Stadtrat gibt es 70 Sitze für Stadträt*innen und einen für den / die Oberbürgermeister*in. Die Stadt ist in zehn Wahlkreise aufgeteilt. Für jeden Wahlkreis sitzen also sieben Abgeordnete im Stadtparlament.

Kommunalwahlen in Sachsen: Wer kann überhaupt wählen?

Um bei den sächsischen Kommunalwahlen Kreuze verteilen zu dürfen, muss eine Person:

  • Volljährig sein
  • Staatsangehörige*r eines EU-Staats sein
  • Seit mindenstens drei Monaten vor der Wahl den Hauptwohnsitz in der entsprechenden Kommune haben.

Es ist keine extra Anmeldung oder ähnliches erforderlich. Vor der Wahl enthalten alle Wahlberechtigten eine Wahlbenachrichtigung. Mit dieser geht es dann am Wahltag in das Wahlbüro. Wo das sich befindet, steht auf der Wahlbenachrichtigung. Eine andere Möglichkeit ist die Briefwahl.

Kommunalwahlen in Sachsen: Wer kann gewählt werden?

Wer kann sich zur Wahl aufstellen lassen?

Grundsätzlich kann jede Person zur Kommunalwahl antreten, die:

  • Volljährig ist
  • Staatsangehörige*r eines EU-Staats ist
  • ihren Hauptwohnsitz in der entsprechenden Kommune hat
  • nicht durch sonstige Gründe von der Wahl ausgeschlossen ist. Das passive Wahlrecht, also das Recht, gewählt zu werden, verliert man beispielsweise durch einen Richterspruch. Wer ein Verbrechen begangen hat, das mit mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe geahndet wird, verliert dieses Recht für fünf Jahre.

Wie kann man sich zur Wahl aufstellen lassen?

Parteien und Wähler*innenvereinigungen können für jeden Wahlkreis Wahlvorschläge aufstellen und diese beim Vorsitz des Wahlausschusses anmelden. Jeder Vorschlag enthält höchstens 1,5 mal so viele Bewerber*innen wie Sitze im Stadtrat zu besetzen sind. In Leipzig ergeben sich also bis zu elf mögliche Bewerber*innen pro Wahlvorschlag in einem Wahlkreis. Ist eine Partei oder Wählervereinigung bereits im Stadtrat oder sogar im Landtag vertreten, meldet sie ihre Vorschläge einfach an. Ist dies nicht der Fall, beispielsweise bei einer sehr jungen oder sehr kleinen Partei, so müssen Unterstützungsunterschriften gesammelt werden. Wie viele Unterschriften ein Vorschlag erhalten muss, ist abhängig von der Größe der Stadt oder Gemeinde. In einer Stadt mit über 300.000 Einwohner*innen brauchen Vorgeschlagene mindestens 240 Unterschriften.

Beispiel für einen Wahlvorschlag mit 11 Bewerber*innen für die Kommunalwahl in Leipzig
In Leipzig kann jede Partei und Wähler*innenvereinigung pro Wahlkreis elf Bewerber*innen vorschlagen. Kleiner Spoiler im Bild: Alle können jeweils bis zu drei Stimmen erhalten.

Normalerweise werden die Wahlvorschläge nach Positionen aufgeteilt: Auf den ersten Listenplätzen sind die Spitzenkandidat*innen für die Kommunalwahl. Sowohl die Partei oder Wählervereinigung als auch die Kandidat*innen selber setzen hier viel darauf, in den Stadtrat gewählt zu werden. Das heißt nicht, dass die hinteren Listenplätze nur “Lückenfüller” sind! Auch von diesen Plätzen können die Vorgeschlagenen hochrücken.

So wird gewählt

Bei Kommunalwahlen sind die Wählenden mit ellenlangen Stimmzetteln konfrontiert. Das liegt daran, dass nicht nur die Parteien und Wählervereinigungen oder nur ihre Spitzenkandidat*innen gelistet sind. Stattdessen sind wirklich alle einzelnen Vorgeschlagenen aufgeführt. Unter diesen können drei Stimmen verteilt werden.

Nicht so schwer wie es klingt: Kumulieren und Panaschieren

Mit drei Stimmen lässt sich einiges anstellen. Man kann sie beispielsweise auf eine einzelne vorgeschlagene Person kumulieren. Kumulieren bedeutet nichts anderes als anhäufen. Wer alle drei Stimmen einer einzelnen Person gibt, gibt ihr logischerweise sehr viel Mehr Zuspruch als würde er alle Stimmen auf mehrere Kandidat*innen verteilen.

Drei Beispiele für Wahlvorschläge mit je 11 Bewerber*innen. Eine vorgeschlagene Person hat dabei drei Stimmen erhalten.
In diesem Beispiel wurden die Stimmen auf Bewerber*in 4 der Partei B kumuliert.

Dieses Verteilen wiederum nennt sich Panaschieren und ist natürlich auch möglich. Dabei ist es möglich, alle drei Stimmen unterschiedlichen Kandidat*innen einer Partei oder Wählervereinigung zu geben. Man kann aber genauso gut quer durch die Parteien wählen und die drei Stimmen ganz unterschiedlichen Kandidat*innen geben. Ebenso ist es möglich, einer vorgeschlagenen Person zwei und einer anderen eine Stimme zu geben.

Beispiel für drei Wahlvorschläge. Die drei möglichen Stimmen wurden hier auf drei unterschiedliche Bewerber*innen verteilt.
In diesem Beispiel wurden die drei Stimmen panaschiert: Das heißt, sie wurden unter unterschiedlichen Bewerber*innen verteilt.

So wird ausgezählt

Ist der Wahltag zu Ende, werden die abgegebenen Stimmen ausgezählt. Zunächst werden alle Stimmen pro Partei, Wählervereinigung und natürlich auch pro Kandidat*in ausgezählt. Die Berechnung, wie viele Sitze eine Partei erhält und wer für sie in den Stadtrat zieht, erfolgt nach dem “Divisorverfahren mit Abrundung”. Auch das klingt knifflig, ist aber im Grunde verständlich und überschaubar.

Das Divisorverfahren mit Abrundung

Höchstzahlen nach D’Hondt

Nehmen wir einmal an, in einem Wahlkreis gibt es sieben Sitze zu verteilen. Es wurden insgesamt 10.000 Stimmen vergeben. Von diesen erhielt Partei A 4.000, Partei B 3.000, Partei C 2.000 und Partei C 1.000. Diese vier Zahlen werden nun durch ganze Zahlen geteilt: Erst durch die 1, dann durch die 2, dann durch die 3 und so weiter solange es nötig ist. Aus all diesen Ergebnissen wählt man die sieben höchsten Zahlen aus. Jede höchste Zahl bedeutet einen Sitz im Stadtrat.

Beim Divisorverfahren nach D'Hondt werden alle Wahlergebnisse durch ganze Zahlen von 1 bis n geteilt.

Die sieben höchsten Zahlen sind 4.000, 3.000, zwei mal die 2.000, 1.500, 1.333 und vier mal die 1.000. Es fällt auf, dass einige Höchstzahlen mehrfach vorkommen. Beispielsweise erreichen Partei A und Partei C beide die 2.000. In diesem Fall ist das unproblematisch, denn über die 2.000 werden die Sitze 3 und 4 verteilt. Über die Zahl 1.000 wird jedoch der siebte und letzte Sitz verteilt. Alle vier Parteien haben diese Zahl erreicht.

Die Ergebnisse der höchsten Zahlen sind eingekreist. Es zeigt sich, dass es zehn höchste Zahlen gibt.
Es gibt zehn höchste Zahlen. Für die Zahl 1.000 kann nur ein Sitz verteilt werden, aber alle vier Parteien haben sie erreicht. In diesem Fall wird gelost.

Es können aber nicht vier Sitze vergeben werden. In diesem Fall wird der siebte Sitz verlost. Nehmen wir für dieses Beispiel mal an, Partei C gewinnt. Dann erhält Partei A drei Sitze im Stadtrat, die Parteien B und C jeweils zwei und Partei D keinen.

Wo wird abgerundet?

Im echten Wahlgeschehen werden natürlich nie so glatte Zahlen erreicht. Kommastellen werden daher immer abgerundet. Kommt eine Partei beispielsweise rechnerisch auf 3,9 von 7 Sitzen, so werden ihr 3 Sitze zugeteilt, nicht 4.

Wer bekommt den Sitz im Stadtrat?

Im Beispiel ist nun klar: Parteien A, B und C ziehen mit drei, zwei und zwei Sitzen in den Stadtrat ein. Welche*r Kandidat*in aber genau einzieht, entscheiden nun Listenplatz und Stimmenanzahl. Grundsätzlich würde Partei A ihre drei Spitzenkandidat*innen in den Stadtrat entsenden. Nun kann es aber sein, dass die Person, die die Partei auf Platz 5 der Liste vorgeschlagen hat, über die Kumulation der Stimmen unheimlich viele davon erhalten hat. Hat sie mehr Stimmen bekommen als die Listenplätze 3 und 4, so rückt sie nach vorne und zieht anstelle von Platz 3 in den Stadtrat.

Fertig ist das Parlament!

Sind die Kommunalwahlen in Sachsen abgeschlossen, bilden sich die Orts-, Stadt- und Gemeinderäte sowie die Kreistage. Sie entscheiden nun über alle Angelegenheiten der kommunalen Selbstverwaltung – also über alles, was für die Stadt oder die Gemeinde von politischer, wirtschaftlicher oder sozialer Bedeutung ist. Was genau das ist und warum es deshalb so wichtig ist, die Kommunalwahl wahrzunehmen, erzählen wir in der Podcastfolge 12. Weshalb gerade die Kommunalwahl in Leipzig entscheidend ist, darüber hat Florian Teller geschrieben.

Quellen und weiterführende Links