Die schwarzwurzel – Teil 1: Der Aufbau
Wie funktioniert ein kollektiver Bioladen?
Die “schwarzwurzel” ist ein Bioladen im Leipziger Westen. Aber nicht nur das, sie ist auch ein Kollektiv, das zehn Menschen einen Arbeitsplatz bietet und dabei ganz anders funktioniert als ein “normaler” Laden. Tschop! Tschop! hat nachgefragt: Wie läuft es in so einem Ladenkollektiv ab? Wie baut man es auf? Können die mittlerweile neun Mitglieder gemeinsam Entscheidungen treffen, die einen Laden am Laufen halten? Und: Wie groß ist die Gefahr, sich selbst auszubeuten, wenn man so selbstbestimmt arbeitet? Sarah und Melanie haben geantwortet, und zwar ganz schön ausführlich. Darum wird diesem Thema ein Vierteiler gewidmet. In Teil 1 geht es darum, wie das Kollektiv aufgebaut wurde.
Das Gespräch wurden im Frühjahr 2019 geführt, damals bestand das Kollektiv noch aus acht Mitgliedern.
Was ist die schwarzwurzel überhaupt?
Sarah: Da gibt es verschiedene Perspektiven. Zum Einen ist sie ein Bioladen, wo man einfach biologische und ökologisch angebaute Produkte kaufen kann. Die schwarzwurzel ist aber auch ein Kollektivbetrieb, das heißt, ein Ort wo mit hierarchiearmem Arbeiten experimentiert wird. Das läuft seit fünf Jahren hervorragend, auch mit Vorbild anderer Kollektive. Und sie ist einfach ein Haupternährungsraum sowohl was Lohn angeht für uns, als auch was Essen für uns angeht und Essen für die Leute, die hier einkaufen.
Wie kamt ihr auf die Idee mit der schwarzwurzel?
Sarah: Vorbilder! Ich habe vorher schon in einem kollektiven Bioladen in Marburg gearbeitet. Und davor in kollektiven Kneipen. Ich kam darauf, weil ich nicht hierarchisch arbeiten will. Die anderen Gründer*innen kamen drauf, weil es auch irgendwie die Frage war: Ich muss ja auch Geld verdienen. Wie mache ich das? Und es gibt ja hier schon die Biokiste, aber die reichte nicht. Also: Lasst mal einen Laden gründen. Und es gibt schon mehrere Läden, die das so machen, wie geil ist das denn – boom!
Boom! Ein kollektiver Laden ist entstanden!
Das schwarzwurzel-Kollektiv arbeitet hierarchiearm. Das bedeutet, dass alle acht Menschen, die im Laden arbeiten, gemeinsam entscheiden. Es gibt keine Chef*innen, sondern alle sind gleichberechtigt. Außerdem gibt es ein Mitgliederkonzept: Wer im Laden einkauft, kann Mitglied werden. Mit einem monatlichen Beitrag unterstützt jedes Mitglied die Kosten des Ladens und bezahlt dafür dort beim Einkaufen weniger. Das funktioniert so gut, dass die schwarzwurzel schon im Juni 2018 fast an ihre Kapazitätsgrenzen kam. Seit über 700 erwachsene Menschen Mitglied sind, wurde erstmal ein Aufnahmestopp eingelegt. Aber natürlich können auch Nicht-Mitglieder im Laden einkaufen.
Das schwarzwurzel-Kollektiv arbeitet hierarchiearm. Das bedeutet, dass alle acht Menschen, die im Laden arbeiten, gemeinsam entscheiden. Es gibt keine Chef*innen, sondern alle sind gleichberechtigt. Außerdem gibt es ein Mitgliederkonzept: Wer im Laden einkauft, kann Mitglied werden. Mit einem monatlichen Beitrag unterstützt jedes Mitglied die Kosten des Ladens und bezahlt dafür dort beim Einkaufen weniger. Das funktioniert so gut, dass die schwarzwurzel schon im Juni 2018 fast an ihre Kapazitätsgrenzen kam. Seit über 700 erwachsene Menschen Mitglied sind, wurde erstmal ein Aufnahmestopp eingelegt. Aber natürlich können auch Nicht-Mitglieder im Laden einkaufen.
Ihr betreibt die schwarzwurzel also um euren Lebensunterhalt zu bestreiten?
Sarah: Ja, das ist eine Wahlarbeit. Es gab nicht für alle, die hier sind, auf dem freien Markt was, das uns so gereizt hätte, oder wo wir gedacht hätten, das ist eine coole Arbeit.Schon gar nicht mit Hierarchien und Chefs und Chefinnen und dass man machen muss, was einem gesagt wird. Da ist das hier die “perfekte Utopie” – in Anführungszeichen – also ein perfekter Raum, um frei arbeiten zu könnten und frei zu entscheiden: Wann will ich arbeiten? Und wie will ich arbeiten? Wie viel Lohn will ich kriegen? Wie lange am Stück will ich arbeiten? Wann brauche ich eine Pause zwischendrin? Was sollte der Laden alles finanzieren, also Krankenkasse oder Steuern und Rente? Man kann gemeinsam drüber sprechen, was alles auf einen zukommt, wenn man in der Arbeit ist.
Wie klärt ihr das mit Gehalt, wer entscheidet wer wie viel Geld verdient? Habt Ihr da Verträge mit Euch selbst gemacht?
Sarah: Wir haben einmal im Jahr einen Klausurtag und da werden dann die tiefen Themen besprochen, die so nicht in drei Stunden abhandelbar sind. Da geht es dann eben auch um Löhne. Die Buchhaltung muss ausrechnen: Wie viel Umsatz machen wir eigentlich und wie viel Geld bleibt dann davon übrig? Was kann man daraus machen, was kann davon finanziert werden und wie viele Rücklagen braucht der Laden? Also die ganzen Aufdröseleien, die sonst irgendwo in der Chefetage verschwinden, müssen wir halt selber machen und dann gucken, ok, da bleibt so und so viel übrig und das können wir für Lohn aufwenden. Einfach die Zahlen angucken und rechnen: Wie viel heißt das dann pro Person und wie viele Personen braucht der Laden dann noch, damit wir alle entspannt arbeiten können?
Das heißt ihr macht dem Job der Chef*in einfach selber mit?
Sarah: Genau. Weil wir alle Chef*innen sind.
Wie betreibt ihr den Laden?
Melanie: Uns gehört der Laden, wir sind acht Leute und haben noch zwei Angestellte. Wir haben jeden Mittwoch ein Plenum für drei Stunden und alle Kollektivmitglieder treffen sich da, sprechen miteinander und treffen alle Entscheidungen zusammen.
Wie sind dann Eure Arbeitszeiten bei acht Leuten? Wie viele Stunden arbeitet Ihr pro Woche?
Melanie: Es kommt darauf an. Zwischen 24 und 27 Stunden pro Woche für die Kollektivmitglieder. Im Laden sind wir entweder zwei oder drei gleichzeitig und machen eine Frühschicht und eine Spätschicht mit jeweils ungefähr sechs Stunden und noch ein paar Unterstützungsschichten, die etwas kürzer sind, also drei bis dreieinhalb Stunden.
Da kriegt dann jede*r gleich viel Geld pro Stunde?
Sarah: Ja, pro Stunde kriegt jeder dann gleich viel Geld. Egal ob sie im Laden steht oder Buchhaltung macht, das sind alles gleichwertige Arbeiten.
Welche Hindernisse hatte ihr bei starten? Was hat Euch am stärksten gebremst?
Sarah: Du meinst 2013? Das weiß ich leider nicht so richtig. Ich bin ja reingekommen, schon mit einem Rucksack voller Informationen von dem alten Bioladen, wo ich gearbeitet habe. Für mich selbst war ganz klar der Auftrag: Struktur, Struktur, Struktur. Also wie und wo kann man Routine etablieren. Je mehr Abläufe du hast, wo was liegen soll, wann du was, wie machst, in welcher Reihenfolge und Dinge, die alle gleich machen, desto einfacher wird der Job. Deswegen weiß ich gar nicht, was die größten Hürden waren.
Was macht euch am meisten Freude hier zu arbeiten, oder ist das einfach nur ein Job?
Melanie: Beides. Die geteilte Verantwortung ist sehr schön. Wir sind alle sehr stark und alle teilen ihre Stärken und Schwächen miteinander. Es ist ein sehr gemütlicher Ort um zu arbeiten, die Stimmung, das Ambiente. Sarah: Ich glaube, mir macht es am meisten Spaß mit den Menschen zu interagieren und zu schauen, wie man denen einen guten Tag machen kann. Und da merkt man auch wie viel Einfluss das darauf hat, wie die Dynamik im Laden gerade ist. Wie fühlen sich alle im Laden? Wenn alle verhärtet und grumpy sind, dann ist die Kundschaft auch so und dann hat niemand was von. Ich glaube schon, dass es allen ziemlich viel Spaß macht.
Wie läuft der Alltag im Bioladenkollektiv schwarzwurzel ab? Das erfahrt ihr in Teil 2 des Interviews!
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